Es geht um das, was Wirklichkeit bedeutet, wenn wir von ihr sagen, daß sie das umfassendste Denkbare überhaupt ist. Denn wenn wir das nicht sagen oder sagen können, haben wir eigentlich gar nichts gesagt, weil dann Wirklichkeit eben alles oder nichts "sein" kann. Bei der Angabe von Bedeutungen kommt es darauf an, daß ihre Namen das treffen, ohne was der Bedeutungsausgangspunkt keinen widerspruchsfreien Sinn geben würde. Die Systematik aller Bedeutungen überhaupt ist das Ziel einer Bedeuntungsanalyse.
Was wäre eine Bedeutung von Wirklichkeit, ohne die Wirklichkeit sinnwidrig würde?
Z.B. Subjektivität oder Welt. Eine Wirklichkeit, die für niemanden etwas ist, können wir nicht "wirklich" nennen, weil wir dann nicht wissen, was das "wirklich" bedeuten soll. Und eine Wirklichkeit,die keine Welt hat, auch nicht, weil wir dann nicht wissen, wo und wie sie in Erscheinung treten könnte.
"Wirklichkeit" ist ein Wort. Was heißt es, Worte zu analysieren?
Worte kann man gar nicht analysieren, man kann sie nur beschreiben. Wie soll ich denn z.B. das Wort "Mensch" analysieren, wenn jeder mit diesem Wort etwas Unterschiedliches meint? Ich kann das Wort "Mensch" von anderen Worten bestimmt unterscheiden. Aber damit habe ich noch nicht "Mensch" analysiert.
Aber wie könnte ich denn "Mensch" analysieren?
Indem ich dem Namen "Mensch" eine feste Bedeutung in einem Begriff gebe.
Aber wie kommen nun Wort, Namen, Bedeutung und Begriff zusammen? Sind das nicht alles nur Zeichen?
Alle kann man in der Tat als Zeichen zusammenfassen. Aber es handelt sich um sehr unterschiedliche Zeichen. Worte sind sprachliche Zeichen, die man nur verstehen kann, wenn man die entsprechende Lautsprache beherrscht. Namen sind erkenntnismäßige Zeichen, zu deren Verständnis die Kenntnis des bezeichneten Gegenstandes nötig ist. Bedeutungen sind sinnhafte Zeichen, mit deren Hilfe wir Worte verstehen und Namen identifizieren können. Begriffe schließlich sind gedankliche Zeichen, die sowohl Worten als auch Namen und Bedeutungen einen ganz bestimmten unterschiedenen Sinn zuschreiben.
Aber wie kann man Worten, Namen, Bedeutungen und Zeichen einen ganz bestimmten Sinn zuschreiben?
Ein Wort hat einen bestimmten Sinn, wenn es definiert ist, ein Namen, wenn er identifiziert ist, ein Zeichen, wenn es interpretiert ist und eine Bedeutung, wenn sie begründet wird. Alles zusammen macht einen Begriff aus, den man bestimmt analysieren kann.
Ein Begriff wäre also eine Bedeutungsdefinition?
Aber nicht irgendeine beliebige Definition, sondern eine solche, die die Sache zureichend kennzeichnet, auf die sie sich bezieht. Der Begriff "Mensch" also sollte nicht irgendwelche nebensächlichen Eigenschaften von Menschen bedeutungsmäßig heraussetellen, die andere auch haben, wie Arme, Beine, Blut usw, sondern wesentliche Eigenschaften die den Menschen von seinen nächsten Verwandten spezifisch unterscheiden, wie z.B. Stirnhirn, Sprechvermögen, Geist usw.
Bedeutungsdefinitionen sind aber doch immer besondere Definitionen. Kann es eine allgemeine Bedeutungsanalyse geben?
Dann, wenn die Analyse sich an Wirklichkeit als dem weitest denkbaren Begriff überhaupt orientiert. Von daher können Definitionen so einenen unbedingten Bezugspunkt bekommen, daß sie von der Sache das erfassen, was "ist". Es handelt sich dann um Seinbegriffe aufgrund von Seinsbedeutungen.
Wann wird ein Begriff zum Seinsbegriff?
Wenn sein Sachbezug nicht nur in einer bestimmten Hinsicht definiert ist, sondern in jederlei Hinnsicht als das, was die Sache "in Wirklichkeit" ist. Von der Wirklichkeit er muß sich zwingend verständlich machen lassen, daß es dafür keine Alternative geben kann.
Und wann wird eine Bedeutung zur Seinsbedeutung?
Wenn die Bedeutung nicht nur etwas Wesentliches zur Sache beiträgt, was diese unter bestimmten Gesichtspunkten kennzeichnet, sondern genau das Minimum, das sie in jederlei Hinsicht und unter allen denkbaren Gesichtspunkt zu dem macht, was sie von allem anderen unterscheidet.
Und die Bedeutungsanalyse der Wirklichkeit liefert solche Seinsbegriffe durch die Angabe von Seinsbedeutungen?
Wenn ganz genau gesagt wird, was Wirklichkeit bedeutungsmäßig zu Wirklichkeit macht, dann kann das kontinuierlich weiter präzisiert werden, so daß dabei immer umfassender erkennbar wird, was die Wirklichkeit unter diesem oder jenem Gesichtspunkt "ist".
Und dabei handelt es sich dann nicht mehr um Zweckdefinitionen, die mal so und mal so sein können?
Dabei handelt es sich um Wirklichkeitsdefinitionen, d.h um die Bestimmungen, die etwas Wirkliches von anderem Wirklichen als das unterscheidet, was es "ist". Wirklichkeitsdefinitionen sind deshalb Seinsbestimmungen in der Form von Seinsbegriffen, die in Bezug auf den archimedischen Punkt, die Wirklichkeit, für jedermann nachvollziehbar für sich stehen.
Was heißt also nun "Wirklichkeit" zu analysieren?
Analysiert wird Wirklichkeit als Begriff. Dabei wird das Wort "Wirklichkeit" von anderen Wörtern unterschieden, der Name "Wirklichkeit" auf das bezogen, für das er steht, das Zeichen "Wirklichkeit" in seinem Verwendungszusammenhang expliziert und die Bedeutung von Wirklichkeit informativ erläutert.
Und der Begriff von Wirklichkeit ist ein Seinsbegriff?
Weil Wirklichkeit allesumfassend ist und Wirklichkeit als ein bestimmtes Etwas das meint, was "ist", und zwar in jederlei Hinsicht, nicht nur in dieser oder jener.Bedeutungsanalyse von Wirklichkeit hat es stets mit Seinsbegriffen zu tun.
Und was hieße das nun konkret?
Zuerst muß das Wort Wirklichkeit in seiner Eigenständigkeit unterschieden herausgestellt und von Ähnlichem, wie vor allem von Sein oder Wahrheit, abgegrenzt werden. Dann muß der Name "Wirklichkeit" auf das bezogen werden, für das er steht, nämlich für "Alles". Das Zeichen "Wirklichkeit" muß dann in seiner unhintergehbaren Letztheit herausgestellt werden, d.h. es muß sich zeigen, daß es keinen Kontext gibt, in welchem "Wirklichkeit" Zeichen sein könnte. Und die Bedeutung von Wirklichkeit muß schließlich als etwas erläutert werden, das immer mit "Wirklichkeit" verknüpft ist, wenn dieses und kein anderes Wort gemeint ist.
Und was meint dann die Analyse des Begriffs "Wirklichkeit"?
Alles zusammenfassend a) die korrekte Bedeutungsangabe, b) dabei vorausgesetzt die korrekte Wortunterscheidung, c) der konstante Namensbezug und d) die konstante Zeichenverwendung. Bedeutungsangaben von "Wirklichkeit", die das Wort "Wirklichkeit" nicht unmißverständlich meinen, dem Namen "Wirklichkeit" nicht vorbehaltlos gerecht werden und mit seinem zeichenhaften Verwendungscharakter inkonsistent umgehen, machen jede Analyse zur Makulatur.
Und wann ist eine Analyse eine Analyse?
Die Frage soll ja nun wohl ganz besonders intelligent sein! Die Antwort lautet: Wenn Wirklichkeit im Begriff zureichend beschrieben ist. Damit Wirklichkeit im Begriff zureichend beschrieben ist, müssen die Wirklichkeitsbedeutungen des Wortes "Wirklichkeit" zureichend angegeben sein.
Warum "Wort" und nicht "Begriff" Wirklichkeit?
Weil da noch nicht vom Begriff gesprochen werden kann, wo lediglich im Wort Unhintergehbarkeit angezeigt wird. Wirklichkeit wird in der Analyse erst dann zum Begriff, wenn ihre Bedeutungsangaben vorliegen. Sie wird dann eben zum Begriff aller Begriffe, zu dem, was überhaupt "ist", zum Sein.
Aber was heißt "zureichend beschrieben"?
Wenn die Bedeutungsangaben so vollständig sind, sich nicht widersprechen, mit anderen nicht verwechselt werden können und im Verwendungszusammenhang richtig platziert sind.
Wann wäre also Wirklichkeit zureichend beschrieben?
Wenn alle notwendigen Bedeutungen genannt sind, die zum Verständnis des intendierten Sinnes nötig sind, wenn diese Bedeutungen wechselseitig sich eindeutig unterscheiden, nicht ineieinander enthalten sind, mit anderen ähnlichen außerhalb nicht verwechselt werden können und in dem genannten Zusammenhang sich auch an ihrer richtigen übergeordneten Stelle befinden.
Geht das nicht noch etwas konkreter?
Wenn wir z.B. herausgefunden haben, daß Wirklichkeit mit den Bedeutungen von Welt, Ereignis, Intersubjektivität und Subjektivität zureichend als das beschrieben ist, was sie "ist", dann dürfen keine weiteren Bedeutungen mehr auftauchen, die zum Verständnis von Wirklichkeit nötig wären. Es dürfen keine Bedeutungsgemeinsamkeiten bestehen, so etwa, wenn Ereignis in Welt bereits als Unterbegriff enthalten wäre und somit gar kein wirklicher Gegensatz zwischen Welt und Ereignis bestünde. Es dürfen auch keine anderweitigen Bedeutungen existieren, die mit "Welt" oder "Ereignis" womöglich verwechselt werden könnten, und beide Bedeutungsangaben müssen auch so unverwechselbar passen, daß keine anderen an ihrer Stelle besser platziert und sie selbst auch nicht an einer anderen Stelle der Wirklichkeitsanalyse sinnvoller aufgehoben wären.
Wenn aber demgegenüber jemand etwa behauptet, Wirklichkeit bedeute das Hier und Jetzt?
Dann muß man ihn fragen, wie er es mit Vergangenheit und Zukunft hält, ob beide seiner Auffassung entsprechend tatsächlich nicht wirklich sein sollen. Wenn etwas Wirklichkeit war und etwas Wirklichkeit sein wird, dann ist es zwar nicht mehr oder noch nicht gegenwärtige Wirklichkeit, aber keinesfalls keine Wirklichkeit.
Wenn er aber trotzdem darauf besteht, daß vergangene Wirklichkeit keine mehr ist und zukünftige noch keine?
Dann hat er wenigstens weder für das Vergangene noch für das Zukünftige geleugnet, Wirkliches zu sein. Er hat lediglich zwischen einer gegenwärtigen, vergangenen und zukünftigen Wirklichkeit unterschieden, alles zusammen ist aber Wirklichkeit.
Aber was nicht mehr ist, ist doch auch nicht, und was noch nicht ist, ist es auch nicht!
Was heißt aber jetzt hier : "Etwas ist". Was "ist" hat drei Zeitdimensionen, und dabei ist gar nicht ausgemacht, daß die Gegenwart die einzige wesentliche ist. Das gegenwärtige "Ist" kommt uns nur deshalb so allbeherrschend vor, weil wir in unserem Dasein stets diesem "Ist" begegnen. Nur wenn wir unser eigenes Dasein verabsolutieren, wird die Wirklichkeit zur ausschließlich gegenwärtigen Wirklichkeit als Erschlossenheit.
Wenn ich aber jetzt mit "Wirklichkeit" trotzdem partout nur das Hier und Jetzt verstanden wissen will?
Dann zeigt eben die begriffliche Bedeutungsanalyse, daß dafür die guten Gründe fehlen. Natürlich steht es jedem frei, mit dem Wort "Wirklichkeit" nur das zu meinen, was man selbst für richtig hält. Aber ein subjektives Wortverständnis ist damit noch keines, das für alle gültig ist bzw. überhaupt intersubjektiv verallgemeinert werden darf.
Aber in der alltäglichen Umgangssprache wird doch Wirklichkeit als das Hier und Jetzt verstanden!
Die begriffliche Bedeutungsanalyse orientiert sich nicht an dem umgangssprachlichen Wortverständnis, sondern an dem mit einem Wort verbundenen Begriff. Dabei kann es oft vorkommen, daß die Umgangssprache korrigiert werden muß. Wozu bedürfte es denn auch überhaupt einer philosophischen Reflexion, wenn die Umgangssprache ohnehin alles schon richtig machen würde?
Aber ist die Bedeutungsanalyse denn so unanfechtbar, ergeben sich Bedeutungen nicht vielmehr aus etwas anderem?
Welches Andere könnte dies denn sein? Was sollte man denn vorgängig zu analysieren haben, um Bedeutungen als Bedeutungen zu verstehen? Soll etwa eine Sprachanalyse vorgängig sein, so daß man zuerst die Sprache analysieren muß, um mit Bedeutungen richtig umgehen zu können?
Das könnte sein, denn immerhin sind es ja Worte, die wir analysieren, und Worte sind Teil einer Sprache!
Aber das ist trivial. Wenn wir Sprache für sich analysieren, fragt sich immer: Welche als welche. Die Bedeutung von "Tor" im Zusammenhang mit einem Fußballspiel kann ich doch nicht aus einer Analyse der Sprache entnehmen, sondern nur im Zusammenhang mit der Wirklichkeit. Ich muß wissen, daß es da ein Tor auf dem Fußballplatz gibt und daß es ein "Tor" gibt, wenn eine Mannschaft den Ball in das Feldtor des Gegners schafft usw. Ob jemand "torgefährlich" ist oder "torhungrig" usw wäre wiederum kaum aus irgend einer abstrakten Analyse von Grammatiken oder Sprechregeln her verständlich zu machen.
Aber die Umgangssprache hat doch beim "Tor" das letzte Wort, nicht die Bedeutungsanalyse.
Bei der Verwendungsweise des Wortes "Tor" gewiß, nicht aber bei dem Begriff, welcher der Ursprungsbedeutung zugrundeliegt. Wenn wir ganz unabhängig von jedem Gesprächszusammenhang die Frage stellen "Was ist ein Tor?", dann wird man das bekommen, was in jedem Wörterbuch steht, etwa eine Eingangstür usw. Die anderen Wortbedeutungen sind ja von diesem Ursprungswort irgendwie im übertragenen Sinn "metaphorisch" abgeleitet, man könnte für das, auf was sie sich beziehen, eigentlich auch neue Worte finden.
Aber für das Tor z.B. im Sinn eines Tortreffers muß es dann doch auch einen Begriff geben?
Warum nicht? Nur hat dieser Begriff dann nichts mit der ursprünglichen Wortbedeutung von "Tor" zu tun, sondern mit den Regeln eines Fußballspieles, bei denen ein Torerfolg eine wichtige Rolle spielt.
Wir können also von allen Worten Begriffe bilden, deren Bedeutungen wir analysieren?
Richtig, es haben nur nicht alle Wortverwendungen dieselben Begriffe und dieselben Begriffe können sprachlich als Ausgangspunkt unterschiedlicher Wortbildungen und Bedeutungsübertragungen dienen. Bedeutungsanalyse aber ist in jedem Fall möglich, auch wenn der richtige Begriff eines Wortes der Umgangssprache erst nachträglich rekonstruiert werden muß
Aber es könnte ja sein, daß etwa eine Bewußtseins - oder Gegenstandsanalyse einer Bedeutungsanalyse vorauszugehen hat!
Aber wie denn? Wie sollte man jemals aus einer Bewußtseinsanalyse die Bedeutung von "Tor" gewinnen können. Und was würde dabei eine Gegenstandsanalyse bringen? Wenn die ganze Wirklichkeit nur subjektiv wäre, dann wäre eine Bewußtseinsanalyse die richtige Bedeutungsanalyse. Wenn die ganze Wirklichkeit nur Welt wäre, dann wäre eine Gegenstandsanalyse die richtige Bedeutungsanalyse. Wenn die ganze Wirklichkeit nichts als Ereignis wäre, um diese Überlegung zu vervollständigen, dann wäre eine Zeitanalyse die richtige Bedeutungsanalyse, und wenn sie nichts als Intersubjektivität wäre, dann wäre eine Wahrheitsanalyse die richtige Bedeutungsanalyse. Aber die Wirklichkeit ist eben nicht eines von diesen, sondern alles zusammen!
Aber als alles zusammen ist Bedeutungsanalyse doch Seinsanalyse!
Aber was ist eine Seinsanalyse? Es ist, wie obemn gesagt, die Analyse dessen, was "ist". Das, was ist, ist identifierte Wirklichkeit als jeweils etwas Wirkliches. Um etwas Wirkliches aber genauer begreifen zu können, müssen wir die Bedeutungen herausfinden, die es zu diesem Etwas unterschieden von anderem Etwas machen. Und damit sind wir wieder bei der Bedeutungsanalyse. Seinsanalyse ist Bedeutungsanalyse von Begriffen.
Ich kann also auch nicht aus dem Sein als Obebegriff Seinsbedeutungen einfach ableiten.
Das wußte bereits Kant, als er Sein in seiner Kritik der reinen Vernunft als einen inhaltsleeren Begriff behandelte, ihn lediglich als die Bestimmung einer Position akzeptieren wollte. Aus dem was überhaupt "ist" folgt keinesfalls zwangsläufig, was als unterschiedesnes Besonderes im einzelnen ist. Bestimmtes Wirkliches ist zwar Sein, aber Seinsbestimmungen ergeben sich erst aus den Wirklichkeitsbedeutungen, die zusammen das ausmachen, was "ist".
Aber ich kann doch Sein als Begriff bedeutungsmäßig bestimmen und dann nach weiteren Bedeutungen fragen!
Dann habe ich es aber nicht mehr mit der Wirklichkeit als solcher zu tun, sondern mit ihr als Sein, was schon die Festlegung auf eine ganz bestimmte Wirklichkeitsbedeutung, die Intersubjektivität, bedeutet. Sein ist dann die identifizierbare Wirklichkeit überhaupt mit ihren jeweiligen Wirklichkeitsbedeutungen. Diese Wirklichkeitsbedeutungen sind aber nicht aus dem Sein ableitbar, sondern unabhängig von ihm. Wie sollte auch aus der Tatsache, daß etwas "ist", die Möglichkeit oder gar Existenz von Subjektivität oder Welt abgeleitet werden können?
Aber von Seinsanalyse sprechen wir trotzdem ganz allgemein bei der Bedeutungsanalyse der Wirklichkeit?
Weil das, was die Wirklichkeitsbedeutungen zusammenfassend meinen, das sagt, was "in Wirklichkeit" ist. Insofern die Wirklichkeitsanalyse es mit dem zu tun hat, was "ist", ist sie auch Seinsanalyse. Dabei darf nur nicht vergessen werden, daß "Sein" nur die Form der Wirklichkeit ist, die sie als etwas bestimmbares Wirkliches hat.
Aber die Bedeutungsanalyse von Sein ist doch nicht nur Formsache!
Ja und nein. Sie ist nicht nur Formsache, insofern sich Sein bedeutungsmäßig als ein bestimmtes Sosein, und dann weiter als ein Seindes bzw. Dasein genauer herausstellt. Aber als was sich dabei auch immer Sein zeigt, so handelt es sich dabei doch immer auch nur um die Form, wie die Wirklichkeit insgesamt inhaltlich wahrgenommen wird. Die Wirklichkeit ist alles, aber als Sein, Sosein, Seiendes, Dasein usw erscheint sie unterschieden, wobei die unterschiedlichen Inhalte von den Wirklichkeitbedeutungen kommen, die auf den verschiedenen Ebenen in jeweils unterschiedlichem Licht erscheinen.
Und woher weiß ich, ob eine Bedeutungsanalyse als Seinsanalyse auch wahr ist?
Indem ich mich ganz genau an das halte, was das Wort bedeutet. Wenn ich mit "Wirklichkeit" z.B. "Alles" meine, dann müssen die Bedeutungen von Wirklichkeit eben auch alles meinen, wenn sie wahr sein sollen.
Und wie stelle ich fest, ob meine Bedeutungsangaben auch alles meinen?
Indem sie einmal so umfassend sind, daß alles nicht ohne sie ist, und so vollständig, daß keine weiteren mehr übrig bleiben, um allem gerecht zu werden. Die Bedeutung muß also dem Bedeutungsbezug gerecht werden und dem Bedeutungsspektrum.
Woher weiß ich aber um den richtigen Bedeutungsbezug und das richtige Bedeutungsspektrum?
Ich muß ganz genau wissen, was ich mit dem meine, was ich analysieren will, in unserem Fall "Wirklichkeit". Und ich muß sicher sein, daß mein Bedeutungsspektrum, d.h. also die Summe meiner Bedeutungsangaben, keinen anderen Begriff meinen kann als diesen.
Dazu muß ich aber Vergleiche anstellen und Differenzen bilden: Handelt es sich dabei nicht um eine Identitätsanalyse?
Bedeutungsanalyse als Seinsanalyse ist in der Tat eine Identitätsanalyse, insofern es um die unverwechselbare Identität von Begriffen geht. Begriffe müssen sich auf etwas Identisches, das intersubjektive Merkmal von Sein, beziehen und Identisches meinen. Das Identische selbst wird aber nicht vorgegeben, es ist lediglich das Grundprinzip der Analyse, das Wahrheit verbürgen kann.
Das Ixdentische muß aber etwas Identifierbares sein, sonst wäre es kein Sein!
Das Identische ist ein kosntitutives Bedeutungsmerkmal von Sein und genausowenig wie dieses als etwas Wirkliches unabhängig davon inhaltlich vorfindbar oder gar explizierbar. Die Explikation von Identität ergibt nur Formales.
Aber Wirklichkeit wird doch als etwas Identisches vorgegeben!
Aber nicht als bestimmte Gewußtheit, der Bedeutungsangaben lediglich deduktiv zu entnehmen seien. Die wahre Bedeutung steht ja nicht am Anfang, sondern zeigt sich vielmehr erst am Ende.
Aber daß Wirklichkeit nicht hinterfragbar ist, soll doch wahr sein!
Daraus folgt aber nur negativ, daß nichts Vorgängiges über Wirklichkeit als "wahr" behauptet werden kann, denn dann müßte ja Wirklichkeit von woanders her als bedingt angesehen werden.
Wenn aber Wirklichkeit oberstes Prinzip ist, habe ich dann nicht schon damit Wahrheit vorausgesetzt?
So formuliert wäre das in der Tat der Fall, denn das hieße ja, daß die Wirklichkeitsbedeutungen aus einem obersten Prinzip hergeleitet werden sollen.Wirklichkeit wäre aber dann nicht mehr das letzte, sondern das Prinzip, und ich hätte zu begründen, warum ein Prinzip unhinterfragbar sein soll usw.
Aber ich kann doch jede Position mit einem bestimmten Prinzip in Verbindung bringen!
Aber nicht unbedingt auf ein bestimmte Prinzip festlegen, vor allem dann nicht, wenn die Wirklichkeit als unhintergehbar gemeint ist. Denn diese Feststellung folgt ja keinem bestimmten Prinzip, sondern folgt dem Sinn von Wirklichkeit, wie er sich in der Selbstreflexion zeigt. Alle Prinzipien, die mit dieser Einsicht verbunden sein können, sind von daher bedingt und dienen nur dazu, aus ihr in konsistenter Weise die Folgerungen zu ziehen.
Aber die Unhintergehbarkeit messe ich doch an einem bestimmten Prinzip!
Es ist allein der Satz des Widerspruches. Dieser ist aber ein rein formales Prinzip, kein inhaltliches. Ohne den Satz des Widerspruches gibt es keine Erkenntnis und keine Wahrheit für uns. Aufgrund des Satzes vom Widerspruch allein läßt sich aber noch nichts Bestimmtes behaupten, schon gar nicht bestimmtes Wirkliches deduzieren.
Der Satz vom Widerspruch unterstellt aber doch in letzter Instanz eine Identität, die universale Folgen hat.
Aber nur für unsere Analyse der Wirklichkeit, nicht für die Wirklichkeit selbst, um die es in der Analyse geht. Das eben war der große Feher der sogenannten Identitätsphilosophie des Deutschen Idealismus. Als Fichte den Satz der Identität zum obersten Prinzip alles Wirklichen erhob, glaubte er sich auch schon im Besitz eines Schlüssels, diese Identität mit der Explikation des Satzes inhaltlich zu entfalten. Das war ihm aber nur möglich, weil er die Identität bereits vorgängig als ein Subjekt (Ich) dachte, dessen identischer Bewußtseinsinhalt gemäß dem Satz des Widerspruchs reflexiv und deduktiv als das Wirkliche sich zeigen können sollte.
Aber die Existenz von Wahrheit wird doch von dem Satz des Widerspruches vorgängig unterstellt!
Ja, aber nicht so, wie es unsere gegenwärtigen Bedeutungsspezialisten, die sogenannten Semantiker bis hin zu Jürgen Habermas, gern hätten, daß nämlich Seinsanalys als Bedeutungsanalyse die Analyse wahrer Sätze zu sein habe. Hier wird die Wirklichkeit wahrer Sätze mit wahren Sätzen über die Wirklichkeit verwechselt. Weil es keinen Grundkonsens über wahre Sätze geben kann, ohne dabei auf die Wirklichkeit Bezug zu nehmen, haben es diese Philosophen bis heute nie zu einer Verständigung gebracht.
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HISTORISCHES:
Philosophen haben zu allen Zeiten Bedeutungsanalys betrieben, aber bis heute ist das zugehörige Wirklichkeitsverständnis unzureichend und deswegen das Selbstverständnis des eigenen Vorgehens auch meist ein anderes. Wenn die Vorsokratiker nach einer Bedeutung für die Wirklichkeit als Natur suchten, stießen sie auf das, was ihr stofflich zugrunde liegt, am Ende haben die vier Bestandtteile der Materie, wie sie Empedokles lehrte, Erde, Wasser, Feuer und Luft, bis ins siebzehnte Jahrhundert unseres Jahrtausends für den Alltagsgebrauch ihre Überzeugungskraft bewahrt. Als Paremnides und Heraklit den Logos als vorgängiges Einigungsprinzip der Natur entdeckten, stellte sich die Frage nach dessen Wesen und vor allem nach dessen Einwirkungskraft auf das Stoffliche, was zu großen Spekulationen Anlaß geben mußte, wenn man erst einmal damit begann, diesen Logos genauer zu untersuchen und in Teilbereichen zu beschreiben. Platon entfaltete die Untersuchung des Logos systematisch in seiner Dialektik, die ihm sehr bald zu einer Analyse von Ideen geriet, deren Bedeutungen bereits bei ihm streng am Satz des Widerspruches gemessen wurde: Platon achtete auf Über- und Unterordnnungen, Eigentsändigkeit und Teilhabe, Umfang und Inhalt seiner Bedeutungseinheiten. Platon hat insofern als erster Begriffe bedeutungsmäßig analysierte und somit Bedeutungsanalyse getrieben, allerdings mit dem Unterschied, daß ihm die Wirklichkeit durch Ideen vermittelt schien, deren Zusammenhang mit der stofflichen Materie offen blieb: Einerseits galt es, die Wirklichkeit der Ideen bedeutungsmäßig zu analysieren, andererseits aber ließ Platon auch offen, in welchem sinnhaften Zusammenhang diese Ideenwirklichkeit die materiellen Gegebenheiten beeinflußte. Wenn Platon sich den höchsten Ideen, dem Guten, Wahren und Schönen näherte, dann war nie ganz auszumachen, ob es ihm dabei lediglich um das erkenntnismäßig Allgemeinste und damit für alles Grundlegendste handelkte, oder um das Woraufhin, an dem alles Natürliche zielstrebig orientiert war bzw. orientiert sein sollte.
In direkter Weiterentwicklung dieses Ansatzes geriet Aristoteles die Bedeutungsanalyse der Wirklichkeit bald zur Analyse von Wirkeinheiten der Natur, die nun universell unter einem Substanzcharakter gedacht wurde. Bedeutungsangaben wurden jetzt zu Substanzrekonstruktionen, die den Ansprüchen zu genügen hatten, die am Vorbild von lebendigen Organismen gewonnen wurden. In der Folgezeit bis zu Kant sind alle Bedeutungsanalysen entweder mehr platonische Ideenanalysen oder aber aristotelische Substanzanalysen. Hinzu kam, daß Aristoteles "Analysis" als besonderen Untersuchungsbereich hauptsächlich auf das beschränkte, was wir heute unter Klassischer Logik verstehen. Zu analysieren galt es dabei die logischen Gesetzlichkeiten, Bedeutungen hatten damit kaum mehr etwas zu tun, blieben der Empirie überlassen und deren spekulativen Deutung. Weil Wirklichkeit dabei immer schon vorverstanden war, blieben es die Einzelbedeutungen natürlich auch: Bedeutungsanalyse für sich war auf diesem Weg gar nicht mehr vorgesehen. In der Praxis der Bedeutungszusprechungen regierte vielmehr der gesunde Menschenverstand, der empirische Erfahrungen verwertete und in Einklang mit einem grundlegenden Naturverständnis zu bringen suchte, Während des ganzen Mittelalters konnte man so später die Schöpfung getrennt einerseits logisch klassifizieren und andererseits religiös inspiriert beschreiben, so wie es die Heilige Schrift wollte und später eine ganze Tradition gelehrter Kommentare zum Aristoteles mit ihr in Einklang zu bringen suchte. Diese Wirklichkeitsparadigmatik änderte sich erst bei Descartes, als dieser logische Gesetzes- und Bedeutungsanalyse wiedervereinigte sowie den Substanzbegriff radikalisierte und mit Platons anfänglichem Ideenverständnis erneut in Einklang zu bringen suchte. Bedeutungsanalyse wird jetzt aber zu einer Gegenstandsanalyse, weil Descartes in Erinnerung an Augustinus inzwischen die Schöpfung zu einem universalen Gegenüber der denkenden Seele geworden war, deren beider Vereinigung in der eigentlichen, göttlichen Wirklichkeit zu suchen ist. Diese Gegenstandsanalyse konnte in eine Bewußtseinsanalyse umschlagen, wenn nach den formalen Voraussetzungen der Erkenntnis gefragt und dabei von den Inhalten abegesehen wurde.
Indem Descartes nur noch zwei Substanzen anerkannte, die res cogitans und die res extensa, vereinfachte er einerseits das Substanzenparadigma des Aristoteles, zum anderen näherte er es auch wieder dem Ideenparadigma des Platon an, insofern nun das eigene Denken zur maßgebenden Instanz des Wirklichkeitsverständnisses wird. Dieses Denken schien ihm am Vorbild der Mathematik eine analytische Fähigkeit zu besitzen, klar und deutlich sagen zu können, was ist, wenn nur genügend differenziert und synthetisiert würde. In diesem erstmaligen universalen Subjekt/Objekt-Modell waren Bedeutungen als das vorgesehen, was entweder im Denken vorgängig vorausgesetzt wird, um klar und eindeutig sein zu können, oder aber als das, was dem Denken vorgegeben ist, um als objektiv gültig behauptet werden zu können. Im ersten Fall wird Bedeutungsanalyse zu einer allgemeinen Logik oder Bewußtseinsanalyse, beides kann sich auch zu einer logischen Bewußtseinsanalyse zusammfinden. Die Wirklichkeitsbedeutungen werden dann eben auf logische Beziehungen zurückgeführt, so wie es später im Extrem Ludwig Wittgensteins "Tractatus Logico-Philosophicus" vorführte, oder auf Bewußtseinsdaten bzw. -erlebnisse, so wie es die Idee einer reinen Phänomenologie Edmund Husserls ursprünglich anstrebte, oder aber zusammenfassend auf allgemeine logische Bewußtseinsgrundlagen, wie es dessen spätere transzendentale Phänomenologie vorsah. Im zweiten Fall wird Bedeutungsanalyse zu einer Gegenstandsanalyse, die entweder auf die reinen empirischen Sinnesdaten zurückgreift, so wie das zu Wittgensteins und Husserls Zeiten ein Ernst Mach intendiert, oder aber die strikt an den strukturellen Formen orientiert blieb, so wie sie Descartes selbst in Mathematik und Geometrie am Werke glaubte, die Principia Mathematika Russells und Whiteheads logisch zu ordnen suchten und später die Strukturalisten, universalen Systemtheoretiker und Physikalisten der String- und Weltformeln auf die Spitze trieben. Es war aber natürlich auch möglich, die empirischen und strukturellen Bedeutungselemente des Gegenstandsparadigmas zusammenzufassen, so wie es Rudolf Carnap mit seinem "Der logische Aufbau der Welt" versuchte und unter seiner Führung der sogenannte Logische Empirismus bis in die fünziger Jahre hinein als Forschungsprojekt verfolgte, als ihm schließlich der logische Rigorismus Quines und der empirische Falsifikationismus Poppers das Lebenslicht ausbliesen.
Descartes' Gegenstands/Bewußtseinsmodell für die Bedeutungsanalyse mußte metaphysisch in dem Augenblick problematisch werden, als die Trennung der beiden Substanzen thematisch wurde, weil die einheitsstiftende dritte, göttliche Substanz mit der fortschreitenden Aufklärung so immer weniger geglaubt und der Schöpfungsgedanke selbst immer zweifelhafter wurde. Bei Leibniz wechselte der Akzent erstmals auf das Bewußtsein, und zwar das vielfache Bewußtsein eines jeden einzelnen, als er die res cogitans analog der aristotelischen Substanz sich als ein Universum von Monaden zurechtlegte, die alle gleicherweise erkenntnisfähig sind, aber alle mit unterschiedlicher Kapazität ausgestattet und deshalb auch mit unterschiedenen Gegenstandswelten behaftet. Bedeutungsanalyse hat es bei ihm nur noch mit subjektiven (cogitationes) und objektiven (perceptiones) Erscheinungen zu tun, die alle in mehr oder weniger differenzierter Form repräsentieren, was der Zentralmonade, d.h. Gott, in Vollendung selbstgegeben ist. Spinoza dagegen konzpierte die eine Substanz, die aus sich heraus die Vielheit gebiert, indem sie sich modifiziert. Bedeutungsanalyse war dementsprechend wieder Substanzanalyse in der aristotelischen Tradition mit dem Unterschied allerdings, daß jetzt diese Substanz sich in ihren Modifikationen selbst zum daseienden Bewußtsein bringt, so daß nicht mehr unterschiedene Substanzen beschrieben werden, sondern ein jeder sich im Deuten der Wirklichkeit als Teil des einen Ganzen verstehen durfte. Beide Denker versuchen also mit Descartes Platon und Aristoteles zusammenzudenken, aber sie wollen auch noch, über ihn hinausgehend, die unbedingte Einheit eines Subjekt/Objekt-Grundansatzes systemimmanent denken, statt sie in unbestimmbarer Weise einem jenseitigen Schöpfergott zu überantworten. Es ist bekannt, welche Wirkung das Denken Spinozas auf Goethe, aber auch auf die Romantik und den Deutschen Idealismus hatte. Die Philosophie Kants knüpft unmittelbar an Leibnis an, allerdings mit der Berücksichtigung des angelsächsischen Empirismus von Hobbes, Locke und Hume, für den die Substanzgrundlage inzwischn ganz entfallen war und das Gegenstands/Bewußtseinsmodell zu einem Erkenntnismodell sich gewandelt hatte, dementsprechend nur noch die empirische Erfahrung und ihre Verarbeitung interessierte. Bedeutungsanalyse war für die Engländer Gegenstands- als Gegebenheitsanalyse.
Entgegen der Meinung vieler sogenannter Intersubjektivitätsphilosophen heute machen Kants Kritiken mit dem Paradigma des Gegenstands/Bewußtseinsmodells der Bedeutungsanalyse Schluß, indem sie einerseits die apriorischen Voraussetzungen des denkenden Bewußtseins explizieren, andererseits die Grenzen gegenständlicher Erkenntnis zum Bewußtsein bringen. Weil Kant aber mit Blick auf die Engländer eine Bedeutungsanalyse der Erkenntnis betreibt, und nicht die der Wirklichkeit, konnte es allerdings scheinen, als ob das Bedeutungsresümee seiner Erkenntnisanalyse nur unter der Voraussetzung verständlich werden könne, daß es sich dabei um Bewußtseinsanalyse handle. Diese Deutung stammt von Reinhold und ist alsbald von Fichte übernommen worden, um fortan im Deutschen Idealismus weiterzuwirken bis hin zu Theordor W. Adorno und Jürgen Habermas. In der breiten Bewegung des Neukantianismus in aller Welt behaupteten sich demgegenüber auch zwangsläuf realistische Deutungsmuster, die Kants Bedeutungsanalyse an das Gegenstandsmodell knüpften, so als hätte diese nur das Ziel vor Augen gehabt, die Gegenstandswelt wissenschaftlich begreifbar zu machen. Als der späte Kant dann zur metaphysioschen Doktrin schritt, glaubte er sich im Besitz empirischer (Physik) und normativer (Ethik) Grundsätze, die es erlauben würden, Bedeutungsanalysen in geschlossener Form intersubjektiv evident voranzutreiben. Dabei zeigte es sich dann aber schnell, daß die konkrete Wirklichkeit verkürzt unterstellt wurde und deshalb die Analyseergebnisse ihren Anspruch auf Situationsunabhängigkeit nicht aufrecht erhalten konnten. Kants späte Verallgemeinerungen unterschätzten die Wirklichkeit, weil sie nicht umfassend genug formuliert wurden, um den Details gerecht zu werden. So schien es, als ob der späte Kant unberechtigter Weise aus seiner zeitlichen Situation einen überzeitliche stilisierte und aus seinem persönlichen Charakter und seiner persönlichen Überzeugung Vorschriften ableitete, die er jedermann zumutete.Vor allem Hegel hat diesen Punkt zum Ausgangspunkt genommen, um Kant Befangenheit im Unmittelbaren vorzuhalten.
Indem die Philosophie Hegels sowohl das Gegenstands- als auch das Bewußtseinsmodell der Bedeutungsanalyse für vordergründig, weil abstrakt und unreflektiert erklärte, folgte sie aber selbst einem vorkritischen grundsätzlichen Wirklichkeitsverständnis, das sich der absoluten Wahrheit gewiß wähnte und zugleich sich auch zutraute, "ihre Zeit in Gedanken zu fassen". D.h. Hegel analysierte nicht mehr Wirklichkeitsbedeutungen und achtete dabei auf den Satz des Widerspruchs, er dekretierte sie vielmehr aus einem angenommenen Identitätsprinzip, und verfolgte von sicherer Warte herab den Weg des Widerspruches. Auf diesem Wege aber meinte er zugleich die Zeichen der Zeit deuten zu können und verband sich dabei direkt mit dem offenbarungsorientierten Analyseschema des Alten Testamentes: Die Propheten trieben dort ja keine Bedeutungsanalyse der Wirklichkeit, um Ihrem Gott und der Wahrheit nahe zu kommen, sondern sie deuteten die Zeichen der Zeit, um daraus Gewißheit über das Schicksal der Welt und Hilfe für das eigene Handeln zu gewinnen. In der Folgezeit kann der Einfluß der Hegelschen Philosophie für die Bedeutungsanalyse der Wirklichkeit nicht hach genug eingeschätzt werden. Auf der einen Seite stimulierte er die späte Wiedergeburt des apokalyptischen Denkens mit dem Bewußtwerden der Geschichte als dem sogenannten Dritten Buches Gottes: Die ideologischen und totalitären Bewegungen des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts glaubten sich alle im Besitz eines Wissen, das den Plan Gottes mit der Geschichte einsehbar machen konnte: Bedeutungsanalyse war dort vom Ansatz her Situationsdogmatik. Auf der anderen Seite ermunterte er zum Festhalten an der Idee einer absoluten Verbindlichkeit, was die naturwissenschaftlich, logisch und mathematisch orientierte Denkfraktion in aller Welt nur zu sehr aus dem Herzen sprach. So gilt denn in der ganzen analytischen Philosophie des letzten Jahrhunderts es nahezu für ausgemacht, daß eine Bedeutungsanalyse der Wirklichkeit es nicht zuerst mit der Wahrheit über die Wirklichkeit, sondern mit der Wirklichkeit der Wahrheit zu tun habe. D.h. die Wirklichkeit wurde nicht mehr als sie selbst, sondern nur noch vermittelt durch Sprache zur Kenntnis genommen und demzufolge auf die vorgängige Realität wahrer Sätze reduziert. Weil aber wahre Sätze nur in Bezug auf die Wirklichkeit ausgewiesen werden können, deren Wahrheit ihrerseits in Frage steht, verfing sich dieses Denken in einen Zirkel, in dem es sich entweder einigeln konnte, um sich in immer komplizierter werdenen Theoriegebäuden am Leben zu erhalten, oder aber in dem es zur Verzweiflung getrieben wurde, um dann entweder in Skepsis umzuschlagen, wie beim späten Ludwig Wittgenstein, oder aber in Relativismus und Laisser-faire zu münden, wie bei Paul Feyerabend oder Richard Rorty.
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